Wo sind die Stellen für die Klimajugend?

Trotz den Extremwetterereignissen in den letzten Jahren scheint sich die Klimajugend nicht für Studienrichtungen im Bereich Nachhaltigkeit zu interessieren. Aus welchen Gründen sich die Jugendlichen für den Streik anstatt für nachhaltige Technologien entscheiden und wie dem entgegengewirkt werden kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

 

In diesem Jahr haben 40 junge Menschen mit dem Studium in Energie- und Umwelttechnik an der OST angefangen. Dies ist keine schlechte Zahl, aber trotzdem stellt sich die Frage, wieso sie nicht viel höher ist. Nach den Extremwetterereignissen im letzten Sommer, müsste doch das Interesse für nachhaltige Technologien gross sein. Viele sehe darin den Beweis, dass die Klimajugend sich zwar gerne an Streiks beteiligt, aber nicht anpacken möchte. Der dringend benötigte Umbau des Energiesystems soll von anderen erledigt werden. Ich halte diese Erklärung aus mehreren Gründen für komplett falsch.

Klimapolitik geht zu wenig weit

Wir können es der Jugend nicht vorwerfen, dass die Politik den Klimawandel nicht ernst nimmt. Eine Zusammenstellung der Carbon Action Tracker zeigt, dass nur Gambia eine Klimapolitik hat, die mit dem 1.5-Grad-Ziel kompatibel ist. Offensichtlich ist es den Regierungen egal, dass sie den Klimavertrag von Paris, der völkerrechtlich eigentlich bindend wäre, unterzeichnet haben. Das gescheiterte CO2-Gesetz der Schweiz bestätigt, dass Klimaschutz in der politischen Landschaft keine Priorität hat.

Auch in der Privatwirtschaft wird Klimaschutz häufig als werbetechnisches Problem gesehen. Die Kundinnen und Kunden müssen auch beim sinnlosesten Luxuskonsum ein gutes Gefühl haben. Wenn eine Ölfirma wie Shell zuerst die Gesellschaft jahrzehntelang anlügt und nachher kurzerhand ihre Öltankwagen als klimaneutral deklariert, ist ein gewisser Zynismus der Jugend nachvollziehbar.

Abbildung 1: Klimaschutz als Marketinginstrument (?)

Ein Systemwandel ist dringend nötig

Aus den oben genannten Gründen kommen immer mehr junge Menschen zum Schluss, dass die Herausforderungen der Zukunft nicht im Rahmen des bestehenden Wirtschaftssystems gelöst werden können. Systemwandel statt Klimawandel lautet die Forderungen. Ich gebe ihnen grösstenteils recht. Allerdings müssten wir zuerst wissen, wie das neue System aussehen könnte, bevor wir das alte demontieren.

Die momentane Situation ist somit etwas unbefriedigend. Wegen schlechten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen interessieren sich zu wenig junge Menschen für ein Studium in Energie- und Umwelttechnik. Dies wird dazu führen, dass ein hinreichend schneller Umbau der Energieversorgung gar nicht möglich sein wird, auch wenn der politische Wille vorhanden wäre.

Berufserfahrung ist das A und O

Ein Teil dieses Problems ist einfach lösbar. Wir stellen nämlich fest, dass viele Maturanden und vor allem Maturandinnen sich für ein Studium bei uns interessieren, aber ohne Berufserfahrung nicht studieren dürfen. Eine Umfrage im Frühling dieses Jahres kam zum Schluss, dass 60% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Informationsveranstaltungen ohne Praktikum gar nicht zum Studium zugelassen sind. Leider ist es schwierig, für junge Menschen ohne technische Vorbildung oder Berufserfahrung ein sinnvolles Praktikum zu finden. Eine Lösung bietet das Praktikumsjahr, das ursprünglich von der NTB in Buchs ins Leben gerufen wurde. So können junge Menschen nach der Matura ein Jahr Berufserfahrung sammeln, bevor sie mit dem Studium anfangen. Nach dem Praktikumsjahr sind sie nach wie vor für das Studium an einer universitären Hochschule qualifiziert, aber sie können auch an einer Fachhochschule studieren.

Vom Praktikumsjahr profitieren alle. Das System funktioniert aber nur, wenn genügend Firmen aus relevanten Branchen bereit sind mitzumachen. Wer Interesse hat, jungen Menschen zu einer sinnstiftenden Karriere zu verhelfen, darf sich gerne beim Studiengang Erneuerbare Energien und Umwelttechnik melden.

Freundliche Grüsse
Henrik Nordborg

Studiengangleiter
Erneuerbare Energien und Umwelttechnik